Hummeldumm – ist dies die richtige Lektüre zur Vorbereitung einer Gruppenreise nach Namibia? Wahrscheinlich nicht, aber wer den Autor Tommy Jaud mag, ist auf jeden Fall bestens amüsiert, wenn er dem Protagonisten folgt, wie er in einem Land der Weite ein Mobilfunknetz und einen Adapter zum Laden seines Handys sucht. Auf jeden Fall waren meine Erinnerungen an die Lektüre nicht selten, bei meiner im März 2017 unternommenen Rundreise durch dieses fantastische Land.

Sei es drum, mit oder ohne sich im Prosaischen belesen zu haben startete ich mit 30 Mitreisenden an einem winterlichen Abend in Frankfurt um rund 10 Flugstunden später auf dem Hosea Kutako International Airport in Windhoek zu landen. Zur Sicherheit hatte ich 30 Adapter besorgen lassen, damit diese Gruppe des unbesorgten Reisens nicht in gleiche Notlage gerät. Unser Guide Armin erwartete uns und es stellte sich später noch heraus, dass er ein stolzer Namibier ist, der sich in allen Themenbereichen exzellent auskannte und obendrein sympathisch war.

Da der Tag gerade erst angebrochen war, führte uns der Weg, gestärkt mit einem Lunchbeutel und einem leckeren Biltong heute noch in die Kalahari. Schnell wurde uns bewusst, dass Armins Anmoderation, unser Ziel, die Kalahari Lodge, sei „ums Eck“ eine andere Bedeutung hat, als wir es in Deutschland gewöhnt sind. In Namibia leben ganze drei Menschen auf einem Quadratkilometer, wo wir in Deutschland uns dieses Fleckchen mit weiteren 230 Menschen teilen müssen. Immerhin war unsere Straße heute noch asphaltiert, doch das sollte sich ab dem nächsten Tag auch ändern.

In der Lodge angekommen war keine Zeit, Müdigkeit aufkommen zu lassen, denn es stand eine erste Abendpirsch auf dem Programm. Da es die vergangenen Wochen relativ viel geregnet hatte, war der rote Sand der Kalahari mit jungem, saftigem Grün durchsetzt und gab einen tollen Farbkontrast. Pünktlich zum Sonnenuntergang hatten wir nicht nur ersten Giraffen, Zebras und natürlich zahlreiche Antilopenarten gesichtet, sondern auch eine Anhöhe erreicht, um ein erstes und nicht letztes Mal die Sonne blutrot am Horizont versinken zu sehen – natürlich nicht, ohne mit einem Gin Tonic darauf anzustoßen. Berauscht von den ersten Eindrücken hatten wir in der Lodge ein schmackhaftes Abendessen und fielen dann in einen tiefen Schlaf.

Am nächsten Tag ging es weiter zum Sossusvlei und wir wussten bald, dass Busse auf der „Pad“, der namibischen Schotterpiste am besten gar nicht erst versuchen, langsam zu fahren, denn es wird nicht besser dadurch. Gut durchgerüttelt kamen wir am Nachmittag in der Nähe des Haupttores in unserem Camp an. Die wie an einer Perlenschnur aufgestellten Hütten boten den Komfort eines 4 Sterne Hotels und von der Terrasse konnte man schon mal eine Antilope sichten. Am Horizont leuchteten bereits die unendlichen roten Dünen der Namibwüste, doch zuerst fuhren wir mit offenen Geländewagen zu einem exponierten Ort, um dort den Sonnenuntergang zu zelebrieren und anschließend in der Lodge ein leckeres „Braai“ zu genießen.

Früh aufstehen gehört bei unserer Reise zum Pflichtprogramm, denn nur, wer zum Sonnenaufgang am Tor des Nationalparks ist, erlebt das mystische Zusammenspiel zwischen dem warmen und wärmenden Licht der aufgehenden Sonne einerseits und dem Schatten der Dünenkämme andererseits. Eine Oryxantilope bietet schon mal den passenden Vordergrund für ein Fotomotiv. Ziel ist das Deadvlei, eine ausgetrocknete Salzpfanne mit bizarr wirkenden Baumstammresten. Unweit davon offenbarte sich eine Überraschung für uns. Im Schatten eines der seltenen Bäume war exklusiv von der Lodge ein Frühstück für uns hergerichtet: und zwar mit Bankettbestuhlung und allen Leckereien, die das Herz begehrt. Gestärkt machten sich die Wanderlustigen auf, um eine Düne über den Kamm zu besteigen. Ein solches Unterfangen, zwei Schritte im Sand bergauf und einen wieder runtergerutscht kann ganz schön anstrengend sein, denn die Temperatur hatte die 30 Grad Marke erreicht. Beseelt von dem Erlebnis, die Düne bezwungen zu haben, ging es über den Sesriem Canyon zurück zur Lodge, um am Pool auszuspannen.

Auch am nächsten Morgen klingelte der Wecker wieder im Dunkeln, denn was vom Boden schon spektakulär aussieht, muss aus der Luft noch traumhafter sein. Eine Ballonfahrt über die Wüste Namib stand auf dem Programm. Mit einer Portion Aufregung stiegen wir in die 16 Mann fassenden Körbe und der Brenner wurde betätigt, um in die Höhe zu steigen. In diesem Moment blinzte die Sonne über den nächsten Bergkamm und wir erlebten atemraubende Momente, die sich in Worten nur schwer beschreiben lassen. Nach unzähligen Fotos, perfekt in Szene gesetzt mit dem zweiten Ballon als Motiv hatten wir eine Punktlandung, dort, wo schon das Champagnerfrühstück am Fuße einer Düne aufgebaut war. War das schon das Highlight der Tour? Und wo ist eigentlich das Hummeldumm-Problem, dass man in der Wüste keinen Handyempfang hat? Es war nicht da… wir waren scheinbar entschleunigt.

Nicht ohne einen Stopp in Solitaire gemacht zu haben, wo es den besten Apfelstreusel des Landes gibt, ruckelte der Bus im wahrsten Sinne des Wortes uns heute noch nach Swakopmund – die Pad hatte dem Bus zu viel zugesetzt und die Garage entsandte einen Ersatzbus mal eben aus Windhoek, was ja „um’s namibische Eck“ liegt.

Wir jedenfalls waren im neuen und schönen Strandhotel untergebracht, nach unseren naturnahen Refugien auch mal wieder schön. Auch wenn wir die Schere zwischen Arm und Reich in diesem tollen Land nicht schließen können, so war es uns ein Anliegen, einen Fußabdruck im Land zu hinterlassen. Wir hatten uns in einem Township bei einem Sozialprojekt angemeldet, wo man außerhalb des staatlichen Schulsystems, talentierte, aber minder bemittelte Kinder fördert. Die zuvor gesammelten Spenden wurden von der Schulleitung dankend angenommen und wir hatten ein gutes Gefühl, dass diese Zuwendung auch ankommt. Das Abendessen durften wir im Jetty’s auf der Pier von Swakop genießen. Natürlich nicht ohne zuvor einen Spaziergang durch die Stadt gemacht zu haben, in welcher noch so viel an die deutsche Vergangenheit erinnert.

Den nächsten Tag verbrachten wir mit einer Bootsfahrt zu den Robbenbänken vor Walvis Bay. Wir mussten nicht lange warten bis die erste Robbe dem Geruch des Belohnungsfisches folgend zu uns auf das Boot kam. Nicht ganz ohne war der Moment, als sich im Tiefflug ein Pelikan näherte und ebenso selbstverständlich wie riskant auf der Persenning landete. Zur Mittagszeit kosteten wir dann noch die köstlichen Austern aus der Walfischbucht. Der Nachmittag hatte neues Potential, seinen Adrenalinpegel wieder zu erhöhen. Wenn Namibia etwas genug hat, dann sind es Wüsten und wenn es dann noch Sandwüsten sind, ist der Spaßfaktor groß, wenn man in einem hierfür vorgesehenen Terrain eine Quadtour unternimmt. Nach den ersten Minuten der Eingewöhnung wurden wir immer mutiger und fuhren die Dünenhänge in sportlicher Manier. So hatten wir uns am Ende der Tour ein eiskaltes Windhoek Lager verdient und ließen den Abend gemeinsam bei Seezunge oder Steak ausklingen.

Es ging wieder ins Landesinnere. Eine große Runde um das Brandbergmassiv führte uns ins Damaraland zur zweifelhaften Quelle, wie übersetzt unsere heutige Lodge hieß. Nach dem Zimmerbezug ließen wir uns noch die nah gelegenen Höhlenzeichnungen, Zeugen frühzeitlicher Siedlungsformen zeigen, bevor der Abend abermals bei gutem Essen und einer guten Flasche südafrikanischem Wein ausklang.

Wir näherten uns einem weiteren Highlight unserer Namibiarundreise, denn der größte Nationalpark, die Etosha-Pfanne stand uns ja noch bevor. Auf dem Weg dorthin besuchten wir noch ein „lebendes“ Museum des Damarastammes und entdeckten versteinerte Bäume. In unserer Lodge am Südeingang angekommen blieb noch etwas Zeit, um vom Beobachtungsdeck die ein oder andere Giraffe beim pflanzlichen Abendmahl zu beobachten.

Mit einem ersten Kaffee in der Dunkelheit des neuen Tages gestartet waren wir mit unseren offenen Geländewagen wieder pünktlich zum Sonnenaufgang am Tor zum Nationalpark. Heute sollten dann die Big Five vor das Objektiv. Mit den sachkundigen Erläuterungen und der Erfahrung der im Funkkontakt stehenden Rangern hatten wir tolle Wildsichtungen. Elefanten, Nashörner, Büffel und auch einige Löwen konnten wir alsbald von unserer To do-Liste streichen, doch der Leopard war wir so oft ein scheuer Zeitgenosse und blieb uns verwehrt. Dennoch waren wir glücklich über einen tollen Tag und es blieb sogar noch Zeit, vor dem Sonnenuntergang in den Pool der Lodge zu springen.

Am nächsten Tag durchquerten wir nochmals den Etosha Nationalpark mit unserem Bus, besichtigten das Fort Namutoni um checkten in einer tollen Lodge am Osttor ein. Das Abendessen in der hoteleigenen Boma wurde heute von einer Gruppe junger Schüler/Innen mit Marimbaspiel und Tanzdarbietungen begleitet.

Nach langer Zeit waren wir mal wieder auf einer Hauptverkehrsachse und nicht, dass es dort Stau gegeben hätte, wir fuhren wieder auf Asphalt. So waren es nur noch die letzten 20 km, die wir wieder auf Schotter zu unserem dieses Mal privaten „Game Reserve“ fuhren. Wir checkten in tollen Zimmern ein und das Restaurant wartete mit einem Blick auf ein großes Wasserloch auf. Doch zuvor hatten wir eine letzte Pirschfahrt gebucht und wir waren auch heute auf der glücklichen Seite der Safarifreunde. Besonderen Spaß hatten wir an einer größeren Elefantenherde und die Guides schafften es, uns so nahe an Löwen heranzufahren, wie ich es zuvor noch nicht erlebt hatte. Da waren die Warnschilder „attention crocodiles“ auf dem abendlichen Weg in mein Zimmer schon kaum noch aufregend.

Das Abenteuer Safari neigte sich dem Ende zu, doch spannend wurde es noch mal als ein Mitreisender 20 Minuten nach Abfahrt von der Lodge nach vorne rief, warum denn die Gepäckklappe des Busses offen sei? In der Tat, die Schlaglöcher hatten dafür gesorgt, dass sich nicht nur die Klappe geöffnet hat, sondern auch ein Koffer aus dem Bus gefallen ist. Und dies inmitten des privaten Wildreservates. Aussteigen verboten – Wildlife! So fuhren wir bis zum Tor und ließen einen Hotelangestellten mit einem Pickup die zuvor zurückgelegte Strecke abfahren, in der Hoffnung, dass der Koffer unversehrt gefunden wurde. Wir hatten Glück, nach weiteren 30 Minuten kam der Pickup und es stand fest, wessen Koffer es war, der sich selbständig gemacht hatte.

Nach dem Besuch eines Holzmarktes in Okahandja erreichten wir nachmittags die Landeshauptstadt Windhoek und unternahmen eine erste Stadtbesichtigung. Den Abend verbrachten wir bei gutem Essen im kultigen Joe’s Beerhouse und wir sorgten dafür, dass zu den Hunderten leeren, säuberlich dekorierten Flaschen eine weitere dazu kam, denn vielleicht ist es ja wahr, dass es hier den größten Jägermeisterkonsum südlich des Äquators gibt.

Die Abreise stand bevor. Nach letzten Besichtigungen hatte ich für uns noch ein leichtes Mittagessen in der Heinitzburg reserviert. Dieses traditionsreiche Hotel mit Panoramablick ist die gute Stube der Stadt und wir konnten die Reise schon Revue passieren lassen. Über Nacht ging es mit Condor zurück nach Frankfurt.

Und was hat jetzt Hummeldumm mit unserer Reise gemeinsam gehabt? Zum Glück nicht viel, aber amüsant war unsere Gruppe allemal. Ausnahmslos nette Menschen, ein Land der Weite und der Kargheit, zum Verlieben schön. Mich hat das Land in seinen Bann genommen und ich kann es Euch nur empfehlen, mir es gleich zu tun.

Euer Fernweher

Dirk